Lügde (Weserbergland) 30.08. – Der Fürst und der Kaiser

Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe sollte Society-Experten und Lesern einschlägiger Zeitschriften wie Gala oder Bunte ein Begriff sein. Ernst-August Alexander Christian Viktor Hubert Prinz zu Schaumburg-Lippe, so sein vollständiger Taufname, tauchte mit Sicherheit in den letzten Jahrzehnten in Zusammenhang mit seinen beiden Hochzeiten und Scheidungen immer mal wieder in den Gazetten auf. Der promovierte Jurist und versierte Hobby Jazz-Pianist ist Familienoberhaupt und Besitzer des Stammsitzes Schloss Bückeburg, das heute auf unserem Programm stand.

Das Schloss kann bereits seit dem Jahr 1925 besichtigt werden. Um die Kosten der Erhaltung des Schlosses zu decken, veranstaltet der Hausherr eine Fülle von Ausstellungen und Festen, wie z.B. die “Landpartie” im Sommer oder den “Winterzauber” an den ersten beiden Adventswochenenden. Zudem sind die Räume des Schlosses für private Veranstaltungen mietbar.

Wir wollten heute nur an der 50minütigen Führung durch das Schloss teilnehmen und hatten Glück, dass dieses auch ohne Voranmeldung möglich war. Vorher blieb noch etwas Zeit für ein paar Aufnahmen von außen.

Macht von außen schon mal ganz schön Eindruck
Wenn das mal kein schöner Platz für eine kleine Pause nach der Führung ist

Start des Rundgangs durch das Schloss war der wunderschöne Innenhof, wo man in lauen Sommernächten mit Sicherheit hervorragend einen kühlen Cocktail genießen kann.

Vom Innenhof gelang man direkt in die Schlosskapelle. Gesichert mit einem 400 Jahre alten massiven Schloss betritt man den Raum und die Augen benötigen etwas Zeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Aber auch danach weiß man kaum, wohin man bei der überbordenden Ausstattung und Ausmalung schauen soll.

Blick zurück auf die Fenster der Fürstenloge
Blick nach vorne – für den Einbau der Orgel musste man die Wand extra ein wenig nach vorne ziehen

Es ist kaum vorstellbar, dass die Inneneinrichtung nach der Reformation komplett ausgebaut und das Gewölbe weiß getüncht wurde. Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann man damit, die Fresken wieder freizulegen und die Innenausstattung rückzubauen, soweit noch vorhanden.

Ein weiteres Highlight des Rundgangs war der Festsaal im ersten Obergeschoss, der bei einem Bankett 250 Gästen Platz bietet. Der riesige Raum ließ sich bereits nach der Renovierung Ende des 19. Jahrhunderts mittels warmer Luft erwärmen: die Luft wurde angesaugt, im Keller erwärmt und dann wieder in den Raum zurück geleitet – wozu zur damaligen Zeit jedoch ein Vorlauf von 14 Tagen notwendig war. Ungewöhnlich auch, dass die Putten bereits elektrifiziertes Licht spendeten.

Wer zufällig einen Raum für die nächste Familienfeier sucht, ist hier genau richtig

Höhepunkt der Führung war der goldene Saal mit prunkvoller Kassettendecke und dem überbordend verzierten Götterportal.

Die Decke ist bereits sehenswert…
verblasst dann aber doch beim Prunk des Götterportals

Über den Trompetergang, einem hoch über dem Innenhof angebrachten Rundgang, ging es zurück zum Ausgangspunkt der Führung und wir wurden aus dem Schloss hinaus geleitet. Damit war die Besichtigung des Anwesens aber noch nicht abgeschlossen.

Nochmal ein Blick auf das Schloss über den Wassergraben hinweg

Durch den Schlosspark, der das ganze Jahr über frei zugänglich ist, erreicht man in ca. 15 Minuten das größte private Fürstengruft der Welt. Das monumentale Familiengrab wurde in den Jahren 1911 – 1916 von Fürst Adolf II. erreichtet.

Nicht kleckern, sondern klotzen war hier die Devise

18 Familienmitglieder des Hauses Schaumburg-Lippe wurden seither in der Gruft beigesetzt. Der eigentliche Plan, die Sarkophage der Familienmitglieder in der Kuppelhalle aufzustellen, wurde von der Novemberrevolution durchkreuzt – die Särge befinden sich daher heute in der Familiengruft unter der Halle.

Ganz schön leer – die ursprüngliche Idee des Bauherrn konnte nicht mehr umgesetzt werden
500 m² Goldmosaik – das größte Mosaik Mitteleuropas

Im Anschluss spazierten wir zum Schloss zurück, wo sich in einem Nebengebäude die Fürstliche Hofreitschule befindet. Fotos von der 30minütigen Vorführung zu machen, war nicht erlaubt, so dass wir die Reitkünste der beiden vorgeführten Pferde, einem Lipizzaner und einem Knabstrupper, leider nicht zeigen können. Insbesondere letzterer hatte eine faszinierende Fellzeichnung, sodass sogar Jochen sich positiv über Pferde äußerte.

Gleich geht es los mit Galopp, Gerte, Trab, Nasenriemen, Sattel, Pirouette und vielem mehr

Nach dem Besuch des Marstalls hatten wir alle Sehenswürdigkeiten des Schlosses ausgiebig erkundet und spazierten durch das Schlosstor zur Fußgängerzone der Stadt Bückeburg auf der Suche nach einem Café. Wir fanden zwar eines, aber unzählige Wespen hatten es vor uns entdeckt und weder draußen noch drinnen erwarteten wir einen ungestörten Aufenthalt. Wir verließen das Café unverrichteter Dinge, gingen die Fußgängerzone bis zum Ende und warfen einen Blick in die prachtvolle Stadtkirche, einem hervorragenden Beispiel für den Stil der Weserrenaissance.

Das sieht eindeutig nach Barock aus
Fürstenloge im hinteren Teil der Kirche

Nach Besuch der Kirche machten uns auf den Weg zurück zum Auto, um unsere Erkundungstour fortzusetzen, denn Kaiser Wilhelm I. wartete schon in Porta Westfalica auf uns.

Eigentlich wartet er jedoch schon etwas länger – und nicht nur auf uns. Genauer gesagt steht er bereits seit 1896 auf seinem Sockel hoch oben über der Weser und grüßt mit hoch erhobenem Arm seine Bürger. Interessanterweise wollten sich viele türkisch-stämmige Bürger das Denkmal anschauen – was diese wohl mit Kaiser Wilhelm I. verbindet? Wie dem auch sei – die Fotoaufnahmen gestalteten sich aufgrund der niedrig stehenden Sonne, dem Gegenlicht und der vielen durchs Bild laufenden Besucher nicht ganz einfach.

Wilhelm I. – er wird einfach nicht müde, seine Untertanen zu grüßen

Nachdem die Aufgabe, ein Foto zu machen, abgeschlossen war und wir den wunderbaren Fernblick genossen hatten, machten wir uns an die Planung des Abendessens. Eine Möglichkeit war die Suche eines Restaurants in Rinteln. Die andere, viel näher liegende, befand sich direkt unterhalb des Denkmalvorplatzes. Nach aufwendiger Restaurierung der Ringterrasse zog hier 2016 das Besucherzentrum und das Restaurant Wilhelm 1896 ein. Wir bekamen einen Platz im Freien, im Restaurant waren bereits alle Plätze belegt, genossen den schönen Ausblick bei einem wirklich guten Abendessen.

Ein bisschen wärmer hätte es sein können, aber wir wollen uns mal nicht beschweren
Schöner Ausblick

Nach dem Besuch von Fürst und Kaiser war es jetzt wieder an der Zeit, in die bürgerliche Ferienwohnung in Lügde zurückzukehren.

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